KonsenT als grundlegendes Konzept

Akzeptanz/Zuspruch vs. Toleranz/Widerstand

In diesem Schaubild wird dargestellt, wie die sich die Begriffe zueinander verhalten.

Präferenz & Akzeptanz sowie Widerstand & Toleranz

Im Kern liegt die absolute Lieblingsalternative des Einzelnen. Innerhalb des Akzeptanzbereiches nimmt der Zuspruch für alle weiteren Optionen immer weiter ab bis der Punkt erreicht ist, an dem eine Alternative gerade noch akzeptabel ist. “Akzeptanz bedeutet Günther Drosdowski zufolge so viel wie annehmen, einwilligen oder hinnehmen. Er fügt dem Wort eine aktive Komponente hinzu, während Toleranz eher als passive Duldung interpretiert wird.”[Wikipedia2023-1] Ist dieser Punkt überschritten, werden weitere Alternativen nur noch geduldet. Innerhalb des Toleranzbereiches baut sich ein Widerstand auf, der immmer weiter zunimmt bis schließlich der Punkt erreicht ist, an dem die Alternative nicht mehr tolerierbar ist. Ab diesem Punkt erhebt die Personen einen “schwerwiegenden Einwand” und legt ihr Veto ein.

Wir sehen im folgenden wie sich das für zwei Personen in Beziehung setzen lässt, die beide eine bestimmte Alternative im Entscheidungsprozess beurteilen:

Keine Einigung möglich

Hier ist keine Einigung möglich: Die Alternative liegt deutlich zwischen den beiden Personen, also (teilweise) außerhalb ihrer jeweiligen Toleranzbereiche. Beide werden sie nicht wählen bzw. schlecht bewerten.

Grundkonsent

Hier können es nun beide “ertragen” - die Alternative liegt vollständig oder größenteils innerhalb ihrer jeweiligen Toleranzbereiche, aber so richtig gut, findet es keiner. Das ist der berühmte “kleinste gemeinsame Nenner”, oder GrundkonsenT. Beide bewerten diese Alternative mit Werten aus dem Toleranzbereich bis maximal zur Enthaltung (Akzeptanzschwelle).

Hoher Konsent

Jetzt herrscht zu der Alternative schon teilweise Akzeptanz. Jeder hat einzelne Aspekte, die er gut findet. Der gemeinsame Nenner der Toleranz bleibt. Wir nennen es Hoher KonsenT. Die Bewertung hängt davon ab, wie groß der Akzeptanzbereich mit der Alternative überlappt und wie wichtig dem einzelnen die Aspekte der Alternative sind, die in seinem Akzeptanzbereich liegen. Maximale Punktezahl vergibt hier jedoch niemand.

Hoher Konsent

Jetzt überschneiden sich die Akzeptanzbereiche, d.h. es gibt Aspekte/Merkmale der Alternative, die beide Personen gemeinsam gut finden. Es stellt sich eine (leichte) Einigkeit ein (GrundkonsenS). Dies ist die Voraussetzung für gemeinsam intrinsisch motivierte Projekte.

Hoher Konsent

Jetzt liegt die Alternative vollständig im Akzeptanzbereich beider Personen zusammen. Es gibt noch unterschiedliche Meinungen, was das Optimum wäre (die beiden absoluten Präferenzpunkte decken sich nicht), aber fast alle Aspekte werden von jedem als gut empfunden. Das nennt man “(überwiegende) Einigkeit” oder Hoher KonsenS - das ist das Ideal nach dem immer gestrebt wird. Und es dürfte deutlich geworden sein, warum das in der Regel illusorisch ist - schon bei zwei Personen…

KonsenT und die Methoden

KonsenT wird bei den Gruppenverfahren genutzt

Der Einzelentscheide

Die Methode “operativer Einzelentscheid (oE)” strebt oft nicht mal Konsent an.
Wir treffen jeden Tag hunderte von Entscheidungen und es wäre ein Wunder, wenn jeder andere Mensch, seinen Zuspruch ausdrückt für die Alternativen, für die wir uns entschieden haben. Es gäbe sonst nur ein Mittagsgericht für alle Menschen am gleichen Tag! In der Realität aber, wird es sogar immer viele Menschen geben, die mein Mittagessen für nicht mal tolerierbar halten, bspw. rein physisch aufgrund von Lebensmittel-Intoleranzen. Das ist aber auch der große Vorteil des operativen Einzelentscheids (oE): Ich bestimme den Lösungsraum alleine durch meinen persönlichen Toleranzbereich und wähle die Alternative die meiner Präferenz am nächsten kommt. Das muss keinesfalls einfach sein, denn das hängt vom Entscheidungsobjekt ab. Das ist ein Bereich, der nicht im Fokus von DAD steht. Sie können sich hier Verfahren zur Auswahl der Ihrer persönlichen Ansicht nach besten Alternative ansehen.

Wenn der einzelne Mensch zwar entscheidet, aber die Rahmenbedingung lautet, er muss vorher alle, die von seiner Entscheidung betroffen sind, und alle, die sich mit dem Entscheidungsobjekt auskennen, konsultiert haben, dann entspricht das dem sogenannten “konsultativen Einzelentscheid (kE)”. Es wurde durch das Buch “Reinventing Organisations” von Frederic Laloux [Laloux2015] bekannt und stellt die Standardmethode für operative Entscheidungen in Organisationsmodellen aus dem Teal-Konzept dar. DAD nennt es den “konsultativen Einzelentscheid”. Dieses Verfahren zielt auf einen Grundkonsent als Maximum, da die Toleranzbereiche der konsultierten Personen üblicherweise berücksichtigt werden, aber es kommt durchaus vor, dass sich auch darüber hinweg gesetzt wird. Auch dieses Verfahren steht nicht im Fokus von DAD. Sie können hier mehr dazu erfahren:

Die Gruppenentscheide

Bei den Gruppenentscheiden wird mindestens der GrundkonsenT erwartet und man strebt sogar nach mehr. Alle, die in die Entscheidung einbezogen sind, werden gehört und können in der Regel ihre (schwerwiegenden) Einwände vorbringen.

Allerdings wird im “operativen Gruppenentscheid (oG)” billigend in Kauf genommen, dass die Entscheidung außerhalb des Toleranzbereiches einzelner liegt. Ziel ist hier also der Grundkonsent.

Selbst im “konsultativen Gruppenentscheid (kG)” kann dies geschehen, aber der Anspruch ist mindestens der hohe Konsent, noch besser ein Grundkonsens. Das hängt auch vom konkreten Bewertungsverfahren ab. (dazu mehr in der Verfahrensübersicht) Aber auch abseits der gewählten Verfahren bleibt: Je mehr Menschen eingebunden sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass irgendjemand die gewählte Alternative eigentlich nicht tolerieren möchte. Und da das Ziel im kG ist, dass das nicht passiert, können hier auch Bewertungsverfahren gewählt werden, die es erlauben, dass ein einzelnes Veto eine Alternative verhindern kann.
Das ist eines der Unterscheidungsmerkmale zwischen kG und oG.

Und im “Einheitsentscheid (EE)” ist dieser Punkt zwingend. Hier wird immer der hohe Konsens angestrebt. Hier geht es im eigentlichen Sinn gar nicht mehr um eine Entscheidung, bei der Alternativen bewertet und alle “minderen” weggeschnitten/aussortiert werden, sondern man berät solange, bis eine Alternative gefunden wird, die für alle im Akzeptanzbereich liegt. Damit ist klar, dass dies das langwierigste und aufwendigste Verfahren ist und in der Regel nur bei besonders wichtigen, kritischen Entscheidungen zum Einsatz kommt.

Referenzen